Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Der Blick nach Frankreich erfüllt mich in diesen Tagen nach der Europawahl mit ernster Sorge. Die Rechtsextremen sind mit Abstand stärkste Kraft geworden, und für unsere Kolleginnen und Kollegen in der Assemblée nationale steht direkt der nächste schwierige Wahlkampf an. Eine auch künftig prodemokratische und proeuropäische französische Nationalversammlung wünsche ich mir natürlich auch sehr für unsere enge parlamentarische Zusammenarbeit.
Die Ergebnisse der Europawahl machen aber klar und deutlich, dass es uns demokratischen Parteien nicht ausreichend gelungen ist, die Vorteile und den Stellenwert eines geeinten Europas an junge Menschen zu vermitteln. Dabei ist gerade mehr Europa die Antwort auf die großen Herausforderungen unserer Zeit. Mehr Europa bedeutet mehr Freiheit.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
Das immer nur abstrakt zu betonen, ist aber nicht ausreichend überzeugend. Deswegen ist es gut, dass wir hier auch was ganz Konkretes vorlegen wie beispielsweise das Abkommen über die grenzüberschreitende Berufsausbildung. Es zeigt auf ganz pragmatische Weise, wie sinnvoll es ist, grenzüberschreitend zusammenzuarbeiten. Junge Menschen sehen sich noch immer mit großen Hürden konfrontiert, wenn sie im deutschen oder französischen Nachbarland einen Beruf erlernen oder auch dauerhaft dort arbeiten wollen. Da geht es beispielsweise um die gegenseitige Anerkennung von Abschlüssen oder den Abbau bürokratischer Hürden, die auch für Unternehmen einen großen Mehraufwand bedeuten.
Das Abkommen setzt genau hier an. Mit standardisierten deutsch-französischen Verträgen werden wir Bürokratie gezielt abbauen. Wir wollen die Ausbildungsabläufe zwischen der deutschen und der französischen Seite klarer definieren und Abschlüsse gegenseitig anerkennen. Es muss für Unternehmen endlich einfacher werden, junge Menschen beider Länder anzustellen; denn die Vorteile liegen ja auf der Hand: Die grenzüberschreitende Berufsausbildung adressiert den Fachkräftebedarf auf beiden Seiten des Rheins. Darüber hinaus fördert sie die Zweisprachigkeit und schafft ein Verständnis für die jeweiligen kulturellen Unterschiede in der Lebens- und Arbeitswelt Deutschlands und Frankreichs. Menschen, die eine grenzüberschreitende Berufsausbildung genossen haben, sind auch ausgesprochen attraktive Arbeitnehmer; denn sie haben wichtige Erfahrungen gesammelt, sind flexibel und besser in der Lage, interkulturellen Herausforderungen zu begegnen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Was mich besonders freut, ist das große Engagement unserer Regierung und auch des Landes Baden-Württemberg beim Zustandekommen des Abkommens. Vielen Dank dafür! Und auch im Ausschuss für Grenzüberschreitende Zusammenarbeit haben wir alle gemeinsam Druck auf die Umsetzung des Abkommens gemacht. Das verdeutlicht noch einmal den Wert unserer deutsch-französischen Institutionen, und wir werden gemeinsam alles dafür tun, diese vor der Zerstörungskraft der Rechtsextremisten zu schützen.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)
Ich finde es auch etwas befremdlich, dass hier Vertreter der CDU/CSU lachen, wenn die Vorrednerin die historische Bedeutung der deutsch-französischen Freundschaft betont.
(Dr. Ingeborg Gräßle [CDU/CSU]: Wir haben wirklich nichts verstanden! Wir haben gelacht über eure Dummheit!)
Zum Glück sehen das viele Kolleginnen und Kollegen aus Ihrer Fraktion aus meiner Region völlig anders, – mit denen wir an der Stelle auch sehr gut zusammenarbeiten. Danke schön.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)