Polarisierung hilft nur Putin – gemeinsame Lösungen bei Asyl & Migration

16. Oktober 2024

Chantal Kopf (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ein Flugzeugabsturz in Deutschland aufgrund eines mutmaßlich durch Russland sabotierten Pakets – dieses Szenario wäre fast Realität geworden, wie wir diese Woche von den Nachrichtendiensten erfahren haben. Klar sollten wir nicht in Panik verfallen – auch ich merke, dass es sehr schwer ist, diese Bedrohungslage mental zu verarbeiten –, aber ein ganzes Stück ernster nehmen müssen wir sie hierzulande schon, auch in dieser Debatte.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Das Flugzeugbeispiel und viele weitere Vorkommnisse zeigen: Putin sieht sich längst in einem Kriegszustand, auch mit uns, auch mit Deutschland. Es ist die Ernsthaftigkeit der Lage, die wir immer vor Augen haben müssen. Putin spekuliert auf unsere Verunsicherung und Selbstbeschäftigung, darauf, dass demokratische Parteien in Deutschland nicht mehr imstande sind, einen gemeinsamen politischen Willen zu entwickeln, und darauf, dass die EU im Inneren blockiert ist.

Und welches Thema wird am meisten instrumentalisiert, um uns zu spalten? Migration. Deswegen ist es auch zu Recht ein wichtiges Thema beim Europäischen Rat;
denn für Putin ist genau diese Instrumentalisierung des Themas und reale Instrumentalisierung von flüchtenden Menschen Teil seiner hybriden Kriegsführung.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP und des Abg. Axel Echeverria [SPD])

Es ist deswegen umso mehr das Gebot der Stunde, über Migration und Flucht so zu sprechen, dass wir nicht zu einer Polarisierung beitragen, sondern als demokratische Parteien in Deutschland nach gemeinsamen Lösungen suchen,

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Thomas Hacker [FDP])

wo jeder ausbuchstabieren muss, was sowohl Humanität als auch Ordnung konkret bedeuten und wo immer klar bleibt, dass wir über Menschen reden.
Und wir brauchen gemeinsame Lösungen in Europa. Es ist ein Verdienst dieser Bundesregierung, Herr Dobrindt, dass sich die EU nach Jahrzehnten des Streits auf eine Reform des Asylsystems einigen konnte.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Jens Spahn [CDU/CSU])

Wir laufen nun trotzdem Gefahr, dass sich Mitgliedstaaten aus verschiedenen Gründen doch wieder zu nationalen Alleingängen und einer Verletzung europäischen
Rechts verleiten lassen. Deutschland steht hier in einer besonderen Verantwortung – und es nimmt diese ja auch wahr –, die zügige, vorgezogene und konsequente Umsetzung der gemeinsamen Regeln des GEAS voranzutreiben, wo nötig, auch zu unterstützen und nationale Maßnahmen durch einen Fokus auf gesamteuropäische Ansätze auch selbst wieder abzulösen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP und des Abg. Axel Echeverria [SPD])

Wenn wir die Kraft aufbringen, eine sachliche, lösungsorientierte, menschlich anständige, ordnende und auch europäisch orientierte Debatte zu diesem Thema zu führen, dann ist das ein wichtiger Schritt, den Extremen etwas entgegenzusetzen und Geschlossenheit angesichts der Herausforderungen zu demonstrieren, vor denen wir in der Zeitenwende nämlich alle gemeinsam stehen – als demokratische Fraktionen hier im Hause und als Europäische Union.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Präsidentin Bärbel Bas: Als Nächster hat das Wort für die FDP-Fraktion Thomas Hacker.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)